ZIEL DER AUSBILDUNG
Die psychotherapeutische Ausbildung der PTA im IGW hat zum Ziel, den Ausbildungskandidat*innen ein tiefenpsychologisch fundiertes Verständnis für die psychodynamischen Entwicklungen und Zusammenhänge im Lebensverlauf und in der gegenwärtigen Lebenssituation von psychisch erkrankten und daher behandlungsbedürftigen Menschen zu vermitteln. Sie soll die Teilnehmer*innen in die Lage versetzen, vorhandene Erkrankungen und Störungsbilder präzise zu diagnostizieren, eine differentielle Indikationsstellung treffen, und dementsprechend die Zielsetzung und den Behandlungsplan entwerfen zu können.
Sie soll weiter dazu befähigen, die zentralen Wirkfaktoren einer gelingenden Psychotherapie entstehen lassen zu können: eine positive (und damit gegebenenfalls korrigierende) Beziehungserfahrung, das Gewinnen von Einsicht in Anpassungs-, Kompensations-, Schutz- und Abwehrmechanismen, die Entdeckung und Förderung von Ressourcen und die Umsetzung dieser Aspekte in verändertes Erleben und Handeln.
Unter Berücksichtigung von
- akuter Symptombildung und aktuellen Problematiken,
- bedeutsamen Bindungs- und Beziehungserfahrungen im Lebensverlauf, psychosexueller Entwicklung und Schwellensituationen,
- individueller Vulnerabilität und
- relevanten Kontextbedingungen wie sozialem Umfeld und familiärem Beziehungsgefüge, Arbeitsumfeld und Live-Events
wird die Erkennung und Behandlung von Erkrankungen aufgrund neurotischer Konflikte, von Persönlichkeitsstörungen, psychosomatischen Störungsbildern, psychogen mitbedingten körperlichen Erkrankungen, Suchterkrankungen und anderen Störungsbildern, die auf ein geringes Strukturniveau der Persönlichkeit zurück zu führen sind, gelehrt. Die Auszubildenden werden in die Lage versetzt, die verschiedenen Akzente eines konfrontativ-deutenden, interaktionellen oder supportiven Vorgehens flexibel und zielgerichtet einsetzen zu können.
Der Mensch als Individium
Der zu behandelnde Mensch wird dabei als Individuum mit der aus seiner oder ihrer Lebensgeschichte resultierenden Persönlichkeitsstruktur gesehen, wie auch in den psychodynamischen Spezifika in der Interaktion mit dem persönlichen und sozialen Umfeld und den jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen.
Anpassungsformen, die in der Vergangenheit sinnhafte Antworten auf defizitäre und destruktive Erziehungs- und Umwelteinflüsse gewesen sein mögen, können in der Gegenwart sowohl für die Personen selbst, als auch für ihre Umwelt oft dysfunktional und zerstörerisch und damit maladaptiv geworden sein. Sie können das Wohlbefinden wie auch die Alltagsbewältigung und die Leistungsfähigkeit maßgeblich beeinträchtigen. Indem diese ungünstigen Anpassungsformen im professionell geführten Dialog und in der tiefenpsychologischen Bearbeitung fokussiert werden, können Möglichkeiten zur Neugestaltung erkannt und realisiert werden. Da nachgewiesenermaßen affektive Einsichten, an denen sowohl kognitive als auch emotionale Faktoren beteiligt sind, wirksamer zu einem günstigen Therapieergebnis beitragen, stellt die Förderung des emotionalen Erlebens während der Behandlung einen weiteren methodischen Schwerpunkt dar.
Aktivierung der inneren Motivation
In der Ausbildung der PTA im IGW spiegelt sich die Überzeugung, dass die Patientinnen und Patienten in aller Regel das Potenzial zur geistigen Gesundheit und eine innere Motivation zu Genesung, psychischem Wachstum und kreativen Lösungen haben. Um diese Fähigkeiten im Rahmen der professionellen Unterstützung aktivieren zu können, ist ihnen mit einer Grundhaltung des respektvollen Umgangs und des empathischen Verstehens zu begegnen, die das Platzieren von Einsicht fördernden Interventionen ermöglicht.
Weiterhin werden Eigenverantwortung und die Aktivierung der individuellen Potentiale dezidiert einbezogen. Durch entsprechend ausgebildete Therapeutinnen und Therapeuten (die Kandidat*innen der PTA im IGW) sollen die Patientinnen und Patienten i.S. einer möglichst langfristig tragfähigen Genesung befähigt werden, diese Aspekte und deren Interferenzen wahrnehmen, erkennen, einschätzen und als künftige Handlungsleitlinien eigenständig nutzen zu können.
Kompetenzerwerb für tiefenpsychologische Behandlungstechniken
Für die Auszubildenden bedeutet dies, diagnostische Kompetenz und Anwendungskompetenz für die tiefenpsychologischen Behandlungstechniken zu erwerben, ebenso wie einen hohen Grad an Bewusstheit für den therapeutischen Prozess, für die Wahrnehmung, diagnostische Nutzung und Thematisierung von Widerstands-, Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen sowie für die Fokussierung von Selbstverantwortung der Patientinnen und Patienten.
Jegliche Psychotherapie wendet sich in ihrem Behandlungsauftrag unmittelbar an einen anderen Menschen, an Frauen und Männer mit deren körperlichen und seelischen Störungen, aber und gerade auch mit deren spezifischen Persönlichkeitsfacetten, Begabungen, Kompetenzen und Defiziten.
Auch wenn standardisierte Vorgehensweisen, Verfahren, Methoden, Techniken angewandt werden, spielt gerade deswegen in der Psychotherapie die persönliche Qualifikation des Therapeuten oder der Therapeutin eine herausragende Rolle: Immer wendet sich ein Mensch einem anderen Menschen zu und bemüht sich, mithilfe von professionellem Vorgehen UND auf der Basis von Qualitäten in der Interaktion und Kommunikation, kurativ tätig zu sein und nachhaltig tragfähige Heilung zu ermöglichen.
Eigene Persönlichkeit und Weiterentwicklung
Innerhalb der tiefenpsychologischen Ausbildung der PTA im IGW stellt daher die Auseinandersetzung der Kandidatinnen und Kandidaten mit der eigenen Persönlichkeit und deren Weiterentwicklung einen hohen Standard sowohl in Hinsicht auf Professionalität und auf ethische Fragen, als auch im Hinblick auf Burn-Out-Prophylaxe dar. Besonders berücksichtigt werden:
- Auseinandersetzung mit eigenem Erleben und eigenen Überzeugungen, eigenen Verhaltensmustern, eigener Kontakt- und Beziehungsgestaltung
- Identifikation eigener Potentiale, Kompetenzen und Ressourcen ebenso wie eigener Problematiken und Schwächen
- Befähigung zur professionellen Abgrenzung eigener und fremder Thematiken
- Befähigung zum professionellen Umgang mit Konflikt- und Krisensituationen
- Auseinandersetzung mit dem Prozesscharakter von Veränderungen im Erleben und Verhalten und der Wechselwirkung zwischen eigener Person und Umfeld.
In der profunden Kenntnis dieser Facetten zur eigenen Person sieht die PTA im IGW eine der wesentlichen Voraussetzungen, sich einerseits dem hilfesuchenden Menschen möglichst (vor-)urteilsfrei zuwenden zu können und andererseits auch als Experte/Expertin zur Verfügung zu stehen